Rede von Ellen Kittel-Wegner zur Neuorganisation Offener Ganztag an Städtischen Grundschulen 2017
Rede von Ellen Kittel-Wegner zur Neuorganisation Offener Ganztag an Städtischen Grundschulen in der Ratsversammlung am 20.07.2017:
Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, liebe alle,
trotz der aktuellen Uhrzeit und langen Sitzung: Ich bin stolz, jetzt hier zur Neuorganisation des Offenen Ganztags an Städtischen Grundschulen reden zu dürfen, - denn ich glaube, das ist ein Meilenstein!
Betreuung in der Grundschule gibt es in Flensburg ja tatsächlich noch gar nicht so lange: zeitgleich mit der Einschulung meines Sohnes 2002 gab es erstmalig Betreuungsangebote des Vereins Betreute Grundschule - die den Vormittag von 8 bis 13 Uhr /später bis 14 Uhr abdeckten, da zu der Zeit auch verlässliche Grundschule noch längst kein Thema war.
Mit Einführung der verlässlichen Grundschule von Landesseite hat der Verein dankenswerterweise und oft unter sehr schwierigen Umständen die Aufgabe übernommen, auch nach Ende der Unterrichtszeit Betreuungsangebote zu stellen – das System des Offenen Ganztags kam an den jeweiligen Grundschulen dazu. Damit gab es für manch orientierungslose Erstklässler-Eltern plötzlich drei parallele nicht miteinander abgestimmte Angebote mit Hort, Betreuter Grundschule und Offenem Ganztag.
Auch für die Schulen wurde die Kooperation unübersichtlicher. Mit der Neuordnung des Offenen Ganztags verfolgten und verfolgen wir daher die Idee, die Systeme miteinander zu verzahnen, um Kindern und Eltern eine bestmögliche Betreuung anbieten zu können und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu fördern. Mit dem Prozess der letzten zwei Jahre und der daraus entstandenen Vorlage haben wir nun die Grundlage geschaffen für eine Ausschreibung der Betreuung im Offenen Ganztag. Diese greift die Kritikpunkte und Wünsche auf, die es in den vergangenen Jahren an der Schulbetreuung und dem Offenen Ganztag gegeben hat. Ergebnisse der Workshops aus dem Schuljahr 2015/2016 wie aus dem Workshop in Februar 2017 sind eingegangen. Ganz oben auf der Forderungsliste vieler Eltern standen Verlässlichkeit des Betreuungsangebotes, eine möglichst hohe Flexibilität bei der Buchung von Angeboten, Randzeitenbetreuung aufgrund vielfältiger Arbeitssituationen von Eltern und endlich ein akzeptabler Betreuungsschlüssel von 1:15.
Es gibt natürlich auch noch kritische Punkte: ein ganz wichtiger ist in der Tat die Höhe der Elternbeiträge, das will ich nicht verhehlen: Das haben wir in der Steuerungsgruppe lange diskutiert: die Punkte Qualifikation des Personals, Betreuungsschlüssel, möglichst hohe Flexibilität bei Buchungsmöglichkeiten kosten tatsächlich Geld – als Konsolidierungskommune können wir nur begrenzt Geld in dieses System geben, das ja nach wie vor zu freiwilligen Leistungen zählt.
Die Tatsache, dass die Buchungsmöglichkeiten aber so offen sind, dass auch einzelne Tage und darin einzelne Module gebucht werden können, ermöglicht es, tatsächlich dem individuellen familiären Betreuungsbedarf entgegen zu kommen. Wer nur an 2 Nachmittagen in der Woche eine Betreuung braucht, bucht nur die - und zahlt vor allem auch nur für diese zwei Nachmittage. Zugleich haben wir für dieses komplette Angebot eine Sozialstaffel eingeführt, die es wirklich allen Familien ermöglichen soll, an dem Angebot teilzuhaben.
In der Presse zitiert wurde eine Mutter, die erbost sei, weil sie mit ihren Elternbeiträgen möglicherweise die Betreuung der Kinder anderer Eltern mitfinanziert. Das ist richtig – genauso wie wir über den städtischen Zuschuss natürlich auch die Plätze mitfinanzieren, die über Sozialstaffel ermäßigt werden. Ich kann das verstehen. Ich gebe auch zu, dass ich manchmal, wenn ich meine Krankenkassenbeiträge sehe, auch nachdenke, warum soll ich eigentlich so viel zahlen, wenn andere so viel krank sind.
Aber DAS, meine Damen und Herren, dieses Solidarprinzip ist ein Grundprinzip, was unsere Gesellschaft ausmacht - und ich bin froh, dass es dieses Solidarprinzip gibt. Wenn wir wollen, dass alle Kinder an dem Bildungs- und Betreuungsangebot in dieser Stadt teilhaben können und ihnen damit langfristige Chancen eröffnen wollen, dann müssen wir dieses auch solidarisch finanzieren – sowohl durch Stadtfinanzen wie auch durch Elternbeiträge.
Wir haben in der Steuerungsgruppe auch durchaus an den Elternbeiträgen lange gedreht und wie ihnen vorliegt, den Betreuungsschlüssel moderat verändert. Gerade die Eltern in der Informationsveranstaltung der Kreiselternvertretung waren es jedoch, die darauf bestanden, den besseren Betreuungsschlüssel 1:15 bei höherem Preis zu nehmen.
Vereinzelt habe ich inzwischen auch Kritik gehört, dass möglicherweise doch nicht wie geplant alle Elternvertretungen des Offenen Ganztags eingeladen gewesen sein sollen – das ist ein Kritikpunkt, dem wir in der Steuerungsgruppe sicherlich noch einmal nachgehen müssen, um für die weitergehenden Informationen auch alle in der Informationskette zu behalten.
Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag beschließen wir ein Betreuungsangebot, was von Verlässlichkeit für Eltern geprägt ist, an der jeder Schule eine eigene pädagogische Koordination und damit Ansprechperson für Eltern und Schule hat. Wir gehen in die Ausschreibung mit sozialraumorientierten Losen von 3 bis 4 Schulen – diese sollen die Kooperation ermöglichen mit den bisherigen Netzwerk- und Kooperationspartnern wie den einzelnen Häusern der offenen Tür oder auch den Sportvereinen.
Mit der vorliegenden und in den Fachausschüssen beschlossenen Ergänzung gehen wir auch noch mal ausdrücklich auf ein sehr transparentes Vergabeverfahren ein, an dem die Vergabekommission ausdrücklich beteiligt ist. Durch die Ausschreibung in Losen erwarten wir uns gerade auch von regionalen Anbietern interessante und tragfähige Angebote.
Ausdrücklich bedanken möchte ich mich für das in den Ausschüssen der letzten Woche ausgesprochene Vertrauen in die Vergabekommission. Bedanken möchte ich mich aber auch ganz besonders herzlich bei all den vielen, die beteiligt waren! Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Schulen, der Elternschaft und der Kommunalpolitik, die in den verschiedenen Workshops für Input gesorgt haben, außerdem bei den Mitgliedern der Steuerungsgruppe, wie der Schulrätin Frau Jennert, Herrn Schlüter, den beiden Kreiselternvertretern.
Noch viel mehr Dank gilt der Verwaltung für die umfangreichen Vorbereitungen: Frau Rakoschek als Herrin aller Zahlenspiele, und Frau Konietzko, Frau Jensen und Herrn Dr. Sappert aus den Fachbereich Bildung, Frau Welz-Nettlauaus dem Fachbereich Jugend, Jochen Haut und Henning Brüggemann, sowie der Agentur Ganztag zwischen den Meeren, die uns wirklich weiter geholfen hat.
Schließen möchte ich mit dem –sinngemäßen - Zitat von Arne Gräfingschultes Beitrag aus dem Bildungsausschuss, welches mir wirklich sehr gefallen hat: Wir können uns glücklich schätzen, wie es uns hier in Flensburg gelingt, Bildung voran zu treiben und Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu fördern. Mit der Kita-Qualitätsoffensive haben wir einen ersten gewaltigen Schritt gemacht, mit der Neuorganisation des Offenen Ganztags haben wir die Chance eine weiteren wichtigen Baustein dafür zu liefern. Ich freue mich über eure und Ihre Zustimmung zu diesem Schritt.
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