Abschiedsrede Jochen Gurth in der Ratsversammlung am 14.06.2018
Sehr geehrter Stadtpräsident, sehr geehrte Verwaltung, liebe Anwesende hier im Ratssaal und im Europaraum, liebe Zuschauer an den Bildschirmen,
es freut mich sehr, daß ich als scheidender Alterspräsident der zu Ende gegangenen Wahlperiode zum Abschied noch ein paar Worte an Sie/an Euch richten darf. Für mich war es damals vor 5 Jahren eine besondere Freude, Frau Krätzschmar als neue Stadtpräsidentin in ihr neues Amt einführen zu dürfen. Es war für uns ein herausragendes Beispiel von vielen anderen, dass Flensburg mit ca. 130 verschiedenen Nationalitäten eine weltoffene Stadt ist, in der sich Menschen mit Migrationshintergrund bis in höchste Ämter integrieren können. Überhaupt ist Flensburg eine Stadt, in der wegweisende Projekte verwirklicht werden können, wie z.B. die Ausgabe von kostenlosen Verhütungsmitteln für Einkommensschwache, die zahlreichen Flüchtlingshilfeangebote, die KITA-Qualitätsoffensive, die einige Erzieher*innen nach Flensburg gelockt hat, ein vielseitiges Kulturangebot mit etlichen freien Kulturträgern, stadtteilbezogene offene Altenhilfe, und, und, und! Leider fehlt die Zeit, um sie alle zu erwähnen.
Viele dieser Angebote haben bundesweit Vorbildcharakter für andere Gemeinden. Darauf können wir wirklich stolz sein! Dabei dürfen wir aber nicht übersehen, dass viele dieser Initiativen ohne das Engagement der zahlreichen Ehrenamtlichen in Flensburg gar nicht verwirklicht bzw. von der Stadt finanziert werden könnten. Deshalb ein großer Dank an die vielen Ehrenamtlichen!
In meiner politischen Tätigkeit habe ich wertvolle Erfahrungen sammeln und Einblicke in die Arbeit der Kommunalpolitik und Verwaltung gewinnen können, für die ich sehr dankbar bin. Besonders positiv empfand ich es, dass die Uhren in Flensburg anders ticken als im Landtag oder Bundestag, und es hier bei der Suche nach einer Mehrheit für einen Antrag keinen Koalitionszwang gibt, sondern Gespräche mit allen Fraktionen geführt und gemeinsame Anträge mit wechselnden Mehrheiten gestellt werden können. So sieht für mich gelebte Demokratie aus!
Es gibt aber eine Abstimmung im Rat, die mir immer noch auf dem Magen liegt: Die mehrheitliche Zustimmung zum Enteignungsverfahren gegen den Bauern Knop. M.E. hätten der Rat und die Verwaltung eine Trassenführung finden können und müssen, die ein Enteignungsverfahren überflüssig gemacht hätte.
Nun aber zurück zur Abstimmung von Anträgen ohne Koalitionszwang. Als in Berlin die Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition begannen, schöpfte ich die Hoffnung, dass sich etwas Ähnliches auch auf Bundesebene entwickeln könnte. Vor allem hoffte ich, dass eine Jamaika-Koalition langjährige Baustellen endlich zügig vor allem im Interesse der Sicherung einer lebenswerten Zukunft für unsere Kinder und Kindeskinder bearbeitet werden. Dabei dachte ich vor allem an den Klimapakt und das Festhalten an der vereinbarten Begrenzung des CO2-Ausstoßes. Leider hat sich diese Hoffnung zumindest auf Bundesebene nicht erfüllt. -Manche hier im Saal werden sich jetzt vielleicht fragen, was das mit der Kommunalpolitik vor Ort zu tun hat. Ich denke sehr viel, denn: Fehlentscheidungen oder Versäumnisse in der Bundes- oder Landespolitik müssen in ihrer Auswirkung letztendlich die Menschen in den Kommunen ausbaden, z.B. den Mangel an Kita-Plätzen, an Pflegefachkräften, an bezahlbarem Wohnraum, durch Kürzungen von Geldern für Integrationsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose, und, und,und. Dabei hat der Klimaschutz für mich absolute Priorität. Flensburg ist hier gut aufgestellt. Aber auch wir sind vor den zunehmenden Unwettern mit ihrer zerstörenden Kraft nicht gefeit und zwingen zu mehr Vorsorge.
Aufgrund dieser Situation möchte ich zum Schluss an Sie/an Euch als verantwortliche Kommunalpolitiker für die kommenden 5 Jahre einen Wunsch/ einen Appell richten: Sucht den Kontakt, das Gespräch mit den Landtags- und Bundestagsabgeordneten unseres Wahlkreises und den der Nachbar-Wahlkreise, ladet sie in die Fraktion ein, sprecht Eure Probleme an, öffnet Eure Fraktionssitzungen für die Öffentlichkeit, verstärkt den Kontakt/das Gespräch mit den Beiräten, Vereinen, Verbänden, Initiativen und den Umlandgemeinden, um deren Meinung zu erfahren und bei politischen Entscheidungen einbeziehen zu können bzw. zusammen zu arbeiten.
Schafft weitere Anreize, daß sich mehr Einwohnerinnen und Einwohner Flensburgs an politischen Entscheidungen beteiligen. Dies würde sich sicher nicht nur positiv auf die Wahlbeteiligung sondern auch auf die Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt Flensburg positiv auswirken. Ich danke allen Rats- und bürgerschaftlichen Mitgliedern der vergangenen Wahlperiode sowie der Verwaltung für die geleistete Arbeit und wünsche der neuen Ratsversammlung eine erfolgreiche politische Arbeit gemeinsam mit der Verwaltung im Interesse der Menschen, die in dieser schönen Stadt an der Flensburger Förde leben.
Jochen Gurth Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Flensburg, den 16. Juni 2018
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