18.02.2021
Rede zur Haushaltsdebatte in der Ratsversammlung am 18.02.2021 von Katja Claussen
Liebe Flensburger*innen, lieber Herr Stadtpräsident, liebe Kolleg*innen der Ratsversammlung, liebe Gäste,
in der heutigen digitalen Ratsversammlung beschließen wir den neuen Doppelhaushalt für diekommenden zwei Jahre 2021/22. Sicher kein einfacher Blick in die Zukunft unter den derzeitigen Bedingungen, da uns die Pandemie auch in den kommenden zwei Jahren aufzeigt, mit welchen Folgen wir rechnen müssen.
Vor zwei Jahren habe ich mich in meiner ersten Haushaltsrede überdie fehlende Vernetzungvon unterschiedlichen Bereichen der Stadtplanung, Entwicklung und Zusammenarbeitinnerhalb der Politik gesprochen. Dass dies wichtig ist, zeigt sich insbesondere in der derzeitigen Pandemie:
Ein gemeinsames, konstruktives Miteinander, ist entscheidender als je zuvor.
Für uns Grüne sind die Bereiche des Ausbaus der Chancengleichheit für Kinder, Jugendliche, Familien-und Senioren, eine gleichberechtigte und diverse Gesellschaftsentwicklung in Flensburg sowie der Einklang zwischen Natur und Umweltentwicklung in einer modernenmittelgroßen Stadt sowie die positive Entwicklung von Tourismus, Handel und Wirtschaft entscheidet.
Bevor ich zu meinen weiteren Ausführungen komme, möchte ich mich aber zunächst ausdrücklich bei der Verwaltung bedanken. Die Corona-Pandemie ist eine Zeit, in der viele Mitarbeitende und Führungskräfte an die Grenzen des Belastbaren kommen. Dies gilt insbesondere für das Gesundheitsamt und die Pflegenden Menschen in Krankhäusern,Familien und ambulanten Pflegedienten, aber auch für die Kindertagespflege, das Ordnungsamt, die Gesundheitsberufe, die Rettungsdienste und all diejenigen, die eine sehrhohe Arbeitsbelastung meistern müssen. Ihnen gehört unsere Anerkennung und unser tiefer Respekt!
Das Erste, was wir in dieser Krise gelernt haben ist, dass wir flexibler werden müssen. Pragmatismus und Improvisation sind zu bewährten Mitteln geworden.
Für das große Spardiktat ist auch kein Raum, denn die immer näherkommenden Krisen, die mit der Pandemie nun auch Deutschland erreicht haben, zeigen, dass wir an einem umfassenden Umbau unserer Lebenswelt nicht vorbei kommen.
Menschen, die Unterstützungsangebote brauchen, können nicht warten, bis die Pandemie vorbei ist. Durch die Hygieneregeln sind Räume zu klein geworden und wichtige persönliche Beratungen können nicht mehr im vollem Umfang stattfindenwie es vor der Pandemie üblich war.
Für betroffene Menschen gehören diese Angebote jedoch zur Überlebensstrategie, um Erkrankungen wie Depressionen, Süchte oder andere Leiden zu überwinden oder sich in schwierigen Lebenssituationen Unterstützung zu holen. Diese Menschen dürfen wir auch indiesen Zeiten nicht sich selbst überlassen werden und bedürfen deswegen mehr Schutz alsvor der Pandemie.
Die Verkehrswende-von einem stark zentrierten Autoverkehr zu mehr öffentlichen Angeboten und einem sicheren und gut ausgebauten Geh-und Radwegeverkehrsnetz steht für uns Grüne ganz oben auf derpolitischen Agenda und ist unser erklärtes Ziel, dieses auch weiter voran zu bringen.Hierzu müssen alle, die am Straßenverkehr teilnehmen mehr Rücksicht aufeinander nehmen.
In meinem Eingangsstatement kritisierte ich, dass sich in den zwei Jahren, als ich das letzte Mal eine Haushaltrede hielt, die Bereicheder Stadtplanung, Stadtentwicklung und Zusammenarbeit von Gesellschaft, Politik und Verwaltung keine ausreichende Vernetzung untereinander aufzeigen würden.
Es werden immer noch zu viele Einzelmaßnahmenbehandelt und zu wenig zentrale Entscheidungen angegangen–das Große und Ganze derStadt wird nicht ausreichend entwickelt.
Liebe Vertreter*innen der demokratischen Parteien,wir können gerne darüber sprechen, dass die Verwaltung bei der Kommunikation von Verkehrsmaßnahmen besser werden muss – aber: wenn wir weiter im Klein-Klein der Maßnahmen uns verkämpfen, wird die große Mobilitätswende nichts.
Es reicht nicht aus,Konzepte wie den Masterplan Mobilität oder das Velo-Routen-Konzept zu beschließen, wenn die darin beschriebenen Maßnahmen dann nicht auch zügig umgesetzt werden. Die Zeit für reine Lippenbekenntnisse ist vorbei und wir sind einerseits froh, dass der Investitionsplan eine große Reihe an Maßnahmen zur Förderung des Fuß-, Rad-und Busverkehres vorsieht und sind andererseits entsetzt darüber, wie langwierig unsere Planungsprozesse, wie z.B. in der Mürwiker Straße sind. Es braucht hier eben nicht nur die Freigabe von Haushaltsmitteln, sondern auch die personellen Kapazitäten, um den politisch wahrgenommenen Gestaltungswillen auch umzusetzen.
Eine Förde-S-Bahn, die für die Menschen der Stadtendlich eine nahtlose Verbindung Flensburgs mit seinem dänisch-deutschen Umland von Kielbis Sylt und Sonderborg herstellt und den ZOB entlastet, ist unsere mobilitätspolitischeZukunftsmusik. Dies wird sicher nicht in den nächsten zwei Jahren angestoßen werden und trotzdem sollten wir uns überlegen, wie wir die Zukunft hier in Flensburg gestalten wollen. Dazu sind wir demokratisch gewählte Vertreter*innen der in der Stadt Flensburg lebenden Menschen.
Ein großer Anteil der Investitionen des Haushaltes geht in die Sanierung und in den Neubauvon Schulen – ein richtiges Signal, dass die Stadt in den Ausbau von Bildung investiert. Und trotzdem müssen wir Grüne an dieser Stelle monieren, dass die Planungen oft sehr langwierig und nicht immer effizient behandelt werden. Hierauf gilt es aus unserer Sicht noch stärker hinzuweisen und unsere politische Aufgabe der Kontrolle stärker wahrzunehmen.
In der derzeitigen Pandemie müssen wir uns stärker darum bemühen, dem geschwächten Handel, der Wirtschaft insgesamt und der Tourismusbranche schnell wieder auf die Füße zuverhelfen, sodass nach der Pandemie, ein verstärkter Fokus auf den Erhalt und die Erweiterung dieser Bereiche konzentriert wird. Bildung ist uns Grünen sowohl im Kindergarten als auch in der Schule sehr wichtig und wir unterstützen alle Investitionen in diesem Bereich. Gerade deswegen müssen sowohl die Sachmittelversorgung als auch die räumlichen Gestaltungen bzw. Erweiterungen unserer Schulen, speziell im Hinblick auf Ganztagesformenund Digitalisierung, immer wieder auf den Prüfstand gestellt und angepasst werden. Das gilt auch für die Schulsozialarbeit.
Für uns Grüne steht fest: An der Bildung darf nicht gespart werden. Unsere Schulen müssen sich darauf verlassen können, dass Investitionen in Schulausstattung, Sanierung und Erweiterung der Schulgebäudeeine hohe Priorität behalten und werden nicht „einfach“ weitergeschoben. Auskömmliche Schulbudgets und Schulsozialarbeit sind in Krisenzeiten besonders wichtig.
Für uns Grüne steht fest: Wer sich für die Jugendarbeit einsetzt, Angebote an Schulen schafft, wer beim Sport verbandlich engagiert und erfolgreich ist, soll auch die Chance haben, bei der Sportförderung dabei zu sein.Die Sportförderrichtlinie der Stadt Flensburg wurde überarbeitet und wir unterstützen alle Investitionen in diesem Bereich. Transparenz hilft bei der richtigen Investitionsentscheidung -sei es die Sportförderrichtlinie oder größere Investitionsvorhaben wie das Flensburger Stadion.
Der Bereich der freien Kultur wurde endlich auf stabilere Füße gestellt, indem die Politik einen Beschluss in Höhe von 147.000 Euro getroffen hat. Damit sichern wir viele Institutionen wie das Volksbad, die Pilkentafel usw. Ohne diesen Beschluss würden wir die kulturellen Einrichtungen verlieren. Es geht vor allem darum, dass prekäre Arbeitsverhältnisse verbessert werden können und überhaupt neue Bewerber*innen für freie Stellen zu finden und auch Gerechtigkeit für die in der Kultur beschäftigen Menschen zu erreichen.
Für uns ist wichtig: Kultur wird auch nach Corona einen hohen Stellenwert haben!
Liebe Mitmenschen,
Krisen führen uns vor Augen, wie verletzbar wir als hochtechnisierte Zivilisation eigentlich sind. Und diese Erfahrung brauchen wir, um liebgewonnene Wahrheiten zu hinterfragen, von denen wir im Inneren schon ganz lange wissen, dass sie auf Dauer nicht gut gehen können. Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt, dass die Klimakrise allein Deutschland bis 2050 knapp 800 Milliarden Euro kosten wird, wenn sie ungebremst weiter voranschreitet.Wahrscheinlich wird es sogar noch teurer, denn nach aktuellen Schätzungen des Bundesfinanzministeriums werden sich allein die Kosten der Coronakrise auf 1,5 Billionen Euro belaufen.Wir befinden uns in einer Volkswirtschaftlichen Krise, in der unser Bestreben für ein stetigesWirtschaftswachstum gigantische Folgekosten verursacht. Die Corona-Pandemie, diezunehmenden Fluchtbewegungen aus den südlichen Ländern sowie die Zerstörung durch Waldbrände sind nur der Anfang dieses Systemfehlers.
Für mich heißt das, dass wir den Begriff Haushalten neu definieren müssen.
Für mich heißt das, dass wir den Begriff Haushalten neu definieren müssen.
Haushalten bedeutet, mit dem auszukommen, was wir haben. Und damit meine ich nicht die abstrakte Größe des Gelder. Sondern modernes Haushalten muss bedeuten, mit unseren planetaren und sozialen Ressourcen gut und nachhaltig zu wirtschaften. Jede Investition in den Klima- und Umweltschutz sowie die soziale Gerechtigkeit, die wir jetzt tätigen, verschafft unseren Nachfahren eine bessere Gesellschaft und spart ihnen die hohen Folgekosten des Nichthandelns.
Haushaltspolitik muss also bedeuten, unsere Stadt Flensburg so umzubauen,dass wir es schaffen, besser mit unseren Ressourcen umzugehen. Lasst uns dies Ernst nehmen und die Zeit nach der Krise für einen Umbau unserer Gesellschaft nutzen.
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